Kantinenessen
Ich bekomme Besuch und lade sie ins Theater ein. Sie fragt, ob sie mich vor der Vorstellung zum Essen einladen dürfe: Sicher, sage ich freudig und schlage die Theaterkantine des Theaters, in welchem wir anschliessend "Warten auf Godot" anschauen werden, vor. Es ist heiss und drückend und ich weiss, dass diese Theaterkantine Stühle und Tische in einem begrünten Hof haben. Zwar muss man sich Essen und Trinken mit dem Tablett selber holen, aber das macht uns (vorerst) nichts aus. Wir gehen die Stufen runter zur Kantine, das Personal sitzt an einem Tisch. Wir sind die einzigen Gäste. An der Ausgabetheke wundere ich mich etwas über die hohen Preise, aber wenn das Essen schmeckt? Vom Menu auf der Tafel überzeugt mich nichts wirklich. Ich entscheide mich für ein Gemüsecurry mit Reis und einen gemischten Salat. Mein Besuch ebenfalls.
Der inzwischen hinter der Theke angekommene Mitarbeiter nimmt aus einer Schüssel eine handvoll müde aussehenden grünen Schnittsalat, tut zwei eingelegte Paprikastreifen (rot) hinzu und drückt aus einer Plastikflasche kreisförmig Sauce über den (gemischten!) Salat. 7.50. Einen Suppenteller füllt er halb mit Reis und giesst mit einer Kelle eine undefinierbare Masse drüber. Es sieht nicht gut aus. 13.50. Wir bestellen dazu je eine Weissweinschorle. Macht 50 Euro glatt.
Wir sind sprachlos.
Mit unseren Tabletten steigen wir die Treppe zum Hof hoch. Wir schauen uns an und fangen an zu Lachen. Was wir hier serviert bekommen ist eine Frechheit: Der Reis ist dermassen verkocht, dass er nur noch knapp als Reis wahrnehmbar ist. Das sogenannte Curry besteht aus Büchsenbohnen und Büchsenkarrotten. Geschmacklos bis zum geht nicht mehr. Kein Salz, kein Pfeffer, geschweige denn Curry.
In den 90er Jahren war ich mal in der Kantine der Humboldtuniversität. Nur einmal, denn das Essen dort fand ich eine Katastrophe. Aber es kostete - wenn ich mich richtig erinnere - 1 Mark 50.
Nochmals: Was sich diese Theaterkantine erlaubt, ist eine Frechheit. Rund um das Theater herum gibt es viele Restaurants. Mit weissen Tischtüchern, Kerzen, Bedienung und vor allem: Frisch zubereiteten Speisen. Für 50 Euro hätten wir auch hier essen können.