von Aurelia Becker
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Theater

Wie immer Anfang Mai reise ich ans Theatertreffen in Berlin. Diesmal allerdings erstmals ohne Tickets. Zwar setzte ich mich brav mit Liste und allen Daten um 10 Uhr am Starttag des Ticketvorverkaufs an meinen Laptop, doch nachdem ich 15 Minuten in der Warteschlaufe steckte, war mein Favorit von Florentina Holzinger (Sancta) bereits ausverkauft. Ich verzagte nicht und ergatterte für zwei andere Produktionen je ein Ticket. Als ich aber in den Warenkorb wollte und die Tickets bezahlen, gelangte ich wieder in die Warteschlaufe. Und zwar genau 30 Minuten, bis die Tickets wieder verfielen. Nach einem versuchten Telefonat ans Festivalbüro (35 Minuten Wartezeit), schrieb ich eine Mail und erhielt amT ag danach eine Antwort: Es hätte technische Probleme gegeben, sie entschuldigten sich und sagten, ich solle immer wieder mal auf die Website, manchmal gäbe es plötzlich wieder Tickets. Ich war frustriert und auch ein bisschen wütend.

Ich stellte fest, dass zur gleichen Zeit in Berlin das Festival "Augenblick mal! Theaters für junges Publikum" stattfand und besorgte mir Karten für Peer Gynt und Faust. Ich war gespannt. Und begeistert. Peer Gynt wurde in die Zeit der sozialen Medien transferiert und die Jugendlichen aus Dresden lieferten ein fulminantes Theatererlebnis mit Musik und Tanz und Ergriffenheit. Ebenso Faust aus der Klasikerstadt Weimar: Anhand des Originaltextes brachten die Schauspieler:innen ihre eigenen Erfahrungen mit Macht, Sinn, Schule und Sehnsüchten ein. Sie hielten fest, dass ein Stück, das Macht- und Kindsmissbrauch unreflektiert beinhalten würde (Gretchen), eher auf den Index als auf die Pflichtlektüre fürs Abitur gehören würde.

Inzwischen war es mir tatsächlich gelungen, eine Karte für Holzinmgers Sancta zu ergattern. Letztes Jahr sah ich bereits "Ophelia's got talent" und wusste in etwa, was auf mich zukommen könnte. Sancta übertraf alles. Manches ertrug ich schlecht (essen eines Stückchen Menschenfleisches, in den Rücken gerammte Haken, die zwei Tänzerinnen (Holzinger selbst) mittels Seilen in die Höhe zogen). Dass fast alle die Frauen auf der Bühne nackt waren, viel mir gar nicht mehr auf. Mit dem Santa-Erlebnis stiess und stosse ich an meine Grenzen. Die Bilder und Töne wirken in mir nach. Es war kein reines Vergnügen, aber ein erschütternder Glücksfall.

Zum Abschluss der Woche schaute ich mir "Scherben Kinder" an. Es war die Vorstellung der Musical-Abschlussklasse der Universität der Künste Berlin. Wie Faust und Peer Gynt auch eine Überschreibung. Diesmal von Frank Wedekinds Frühlings Erwachen. Ich weiss nicht, ob es an der Totalerfahrung durch Sancta (auch das eine Überschreibung/Miteinbezieung: der Oper Sancta Susanna von Paul Hindemith), der Begeisterung der jugendlichen Laiendarsteller:innen von Faust und Peer Gynt lag, fest steht, dass mich "Scherben Kinder" nicht berührte.

Alles in allem: Trotz des wirklich ärgerlichen, sehr ärgerlichen Ticketsystems des Berliner Theatertreffens, war es für mich eine bereichernde Theaterwoche. Schade, kann ich heute Abend nicht an die Überschreibung/Wiederaufnahme des Stücks von Pina Bausch: Kontakthof - Echtes of '78. Das hätte mir bestimmt gefallen.

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